Plötzlich Heimweh Header

EIN FILM ÜBER
DEN WUNSCH NACH
ZUGEHÖRIGKEIT

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Als ich 2006 nach Urnäsch (CH) im Appenzellerland zog, sprach ich kein Wort Deutsch. Deshalb nutzte ich meine Kamera als Begleiterin, um mein neues Umfeld zu entdecken. Während der letzten zwölf Jahre entstanden so mehr als 300 Stunden Filmmaterial. Ich filmte lokale Traditionen wie die Alpfahrt und die „Silvesterchläuse“, hielt die einzigartigen Abendstimmungen im Alpstein fest und porträtierte Menschen, die ich unterwegs kennenlernte. Je besser mein Deutsch wurde, umso mehr konnte ich mich mit den Leuten, die ich traf, austauschen. Dabei lernte ich nicht nur viel über die Schweiz, sondern auch über mich selbst.

Als Fernsehreporterin in China war ich dauernd unterwegs und auf der Suche nach neuen Geschichten. Alles schien in ständiger Bewegung. Die chinesischen Städte sind voller Reisender, die – wie ich – ihre Familie und ihren Heimatort für die Karriere verlassen haben. In der ländlichen Ostschweiz traf ich auf Menschen, die niemals reisten, niemals etwas anderes sahen, aber zufrieden und im Einklang mit der Natur lebten. Diese Lebensweise übte eine starke Anziehungskraft auf mich aus. Ich erlebte, wie das Brauchtum die Menschen verbindet, wie sie sich damit identifizieren. Fasziniert nahm ich an der fremden Kultur teil, gleichzeitig plagten mich zahlreiche Zweifel. Wo ist meine Heimat? Wo fühle ich mich zugehörig? Kann ich tausende Kilometer von meiner Familie entfernt glücklich werden?

Mit diesen Fragen bin ich in unserer globalisierten Welt nicht alleine. Meine Migrationsgeschichte und meine Suche nach Zugehörigkeit stehen in einem grösseren gesellschaftlichen Kontext, der uns alle etwas angeht. Aus diesem Grund beschloss ich, meine Geschichte mitsamt ihren Höhen und Tiefen zu verfilmen. „Plötzlich Heimweh“ ist kein politischer Film und dennoch soll er die Zuschauerinnen und Zuschauer ermutigen, aus einer neuen Perspektive über Migration und Integration nachzudenken.

Yu Hao,
Urnäsch, im März 2019